Pressemitteilung vom 26. September 2011
Bebauungsplan Kalkofen Alzey - BUND fordert Moratorium - Planung mit sozialer Schieflage
Zur Änderung des Flächennutzungsplans „Am Kalkofen-Sonnenberg“ hat die Kreisgruppe Alzeyer Land im Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) ablehnend Stellung bezogen und fordert ein Moratorium, ein Innehalten und Nachdenken.
Der Kalkofen selbst und sein landwirtschaftlich eher geringwertiges Umfeld stellen ein wertvolles, rheinhessentypisches Gelände für den Erhalt und die Entwicklung von Pflanzen und Tieren trocken-heißer Standorte dar, wie der Name Sonnenberg schon verrät. Der „Steinbruch“ selbst und seine Ränder haben sich durch ungesteuerte natürliche Entwicklung zu wertvollen Strukturen als Brut,- Rast- und Nahrungsraum für viele Tiere entwickelt. Das gilt auch für die angrenzenden, wenig ertragreichen landwirtschaftlichen Flächen, die ebenfalls künftig überbaut werden sollen. Die hierfür vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen nehmen allerdings wesentlich bessere Böden in Anspruch.
Das Stadtgebiet Alzey und die umliegende Landschaft sind relativ arm an naturnahen, extensiv bewirtschafteten Strukturen. Das führt zu einer Verarmung und Schwächung der natürlichen Nahrungskette als Grundlage für Artenvielfalt und damit auch der Attraktivität für die städtische Naherholung.
Denn Schwalben, Singvögel und Schmetterlinge leben nicht von Zuckerrüben, Wein oder Getreide. Und der BUND will wie der Gesetzgeber und viele Menschen auch, belebte, vielfältige Landschaften. Deshalb kommt solchen Standorten im artenarmen Umfeld Alzeys besondere Bedeutung zu.
Weiterhin führt die Lage des Baugebiets zu erheblichen Belastungen des Landschaftsbildes über die Stadtgrenzen hinaus. Die Verfüllung des „Kalksteinbruchs“, seine Bebauung auch auf den umliegenden Flächen wäre ein erheblicher Eingriff in Natur und Landschaft. Die geplanten Ausgleichsmaßnahmen an anderem Ort sind nicht geeignet, den Eingriff in Natur und Landschaft auszugleichen.
Der BUND geht davon aus, dass im politischen Abwägungsprozess das gesetzliche Gebot der Eingriffsminimierung in unzulässiger Weise nicht hinreichend beachtet wurde. Alzey ist mit Bauland sehr gut und über den mittelfristig erkennbaren Bedarf hinaus versorgt. Das Argument, hochpreisige Premiumbauplätze für Besserverdienende zu schaffen, ist im Blick auf die Schwere des Eingriffs nicht hinreichend belastbar. Bauland ist genug da, der Eingriff ist vermeidbar und somit unzulässig, zumal er in seinen wesentlichen Wirkungen nicht ausgleichbar ist.
Eine soziale und ökologische Schieflage ist deutlich erkennbar.
Das Gebiet hat einmalige auch touristische Entwicklungspotentiale für Natur und Naherholung, für Alzeyer und Gäste.
Diese Potentiale zu wecken ist Aufgabe einer am langfristigen Gemeinwohl orientierten Kommunalpolitik. Im Hinblick auf nachhaltige Entwicklung hält der BUND es für kurzsichtig, durch öffentlich-rechtliche Planungen zu Gunsten privatwirtschaftlicher Interessen fruchtbare Entwicklungsmöglichkeiten für die Stadt insgesamt auf ewig zuzuschütten.
„Wir lehnen dieses Vorhaben ab, fordern eine umfassende floristische, faunistische Standortanalyse, welche insbesondere die Entwicklungspotentiale auch für die Naherholung darstellt“, so Volker Söllner vom BUND und fügt hinzu: “Bezüglich der Finanzierung bieten wir unsere Gesprächsbereitschaft an und erwarten von der Kommunalpolitik ein ergebnisoffenes Moratorium für die Planungen und vom „Investor“ ein klares Bekenntnis und Handeln mit Blick auf langfristige Gemeinwohlorientierung auch von Unternehmern. Wir sind gesprächsbereit und lassen uns durchaus belehren, mit Argumenten allerdings!“
Wegen der mehrmaligen geschichtlichen Erwähnung des Kalkofens seit dem späten Mittelalter hält der BUND weiterhin archivalische Recherchen und Vor-Ort-Untersuchungen für erforderlich.