Pressemitteilung des BUND Landesverbandes vom 2. November 2015
BUND entsetzt über Missachtung des Artenschutzes bei der Baugenehmigung zur Verfüllung des ehemaligen Steinbruchs „Am Kalkofen“
Mainz, Alzey. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Landesverband Rheinland-Pfalz ist über die Genehmigung der Verfüllung des ehemaligen Steinbruchs Alzey entsetzt. Die vor Baubeginn erforderlichen Maßnahmen zum Schutz der europaweit geschützten Zauneidechsen und von Vogelarten wurden fachlich völlig unzureichend bzw. noch gar nicht umgesetzt. Von den genehmigenden Behörden erhält der Vorhabensträger Wilhelm Faber GmbH dennoch einen Freibrief. Der BUND prüft rechtliche Schritte.
Im Rahmen der Genehmigung zum Bebauungsplan Kalkofen sind naturschutzrechtliche Vorgaben zwingend zu erfüllen. Dies betrifft sogenannte CEF- Maßnahmen (vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen), mit denen Ersatzhabitate insbesondere für die streng geschützten Zauneidechsen, aber auch für Vögel funktionsfähig zu schaffen sind.
Es handelt sich dabei um die Schaffung von Ersatz-Lebensräumen, die vor Beginn der Baumaßnahme wirksam sein müssen. Durch die Verfüllungsarbeiten würden die dort vorkommenden Zauneidechsen getötet, daher müssen sie vor Baubeginn in ein neu angelegtes Biotop umgesiedelt und bestätigt sein, dass die Umsiedelung erfolgreich gelungen ist. Diese Forderung findet sich zuletzt in der Baugenehmigung der Kreisverwaltung vom 10.09.15 wider. Die Notwendigkeit dieser Artenschutzmaßnahmen ist dem Bauherrn über die Behörden schon seit Jahren bekannt. Dennoch war bis vor Kurzem nichts geschehen.
Noch Mitte September wurde von der Unteren Naturschutzbehörde der Kreisverwaltung festgestellt, „dass zur Zeit die habitatsfunktionsfähige Ausgestaltung der CEF-Maßnahmenfläche nicht vorliegt.“ Nach einem Ortstermin am 24.09. bestätigte jedoch die Kreisverwaltung bei urlaubsbedingter Abwesenheit ihres Naturschutzfachmanns und unter Heranziehung der Oberen Naturschutzbehörde plötzlich die Funktionsfähigkeit des Ersatzhabitats. Nun ist Baubeginn in Kürze zu befürchten.
Der BUND ist schockiert über die Beugung des Artenschutzrechtes. Beide „vorgezogene“ Ausgleichsmaßnamen sind überhaupt nicht oder nur unzureichend ausgeführt. Mit der festgelegten Pflanzung von 5.000 m2 Gehölzen für Vögel wurde noch nicht mal begonnen.
Der Umsiedlungszeitpunkt Ende September ist für Zauneidechsen völlig ungeeignet. Die Zauneidechsen haben sich teilweise schon in ihr Winterquartier zurückgezogen. Eigentlich muss der Fang und die Umsiedelung an warmen Tagen erfolgen und so lange stattfinden bis an mehreren warmen Tagen keine Eidechsen mehr beobachtet werden können und davon ausgegangen werden kann, dass alle gefangen sind.
Die zu erwartende Tötung von vielen Eidechsen wird von den Genehmigungsbehörden mit der Begründung in Kauf genommen, dass eine Verzögerung des Baubeginns aus wirtschaftlichen Gründen unzumutbar wäre. Dieser Einschätzung kann der BUND überhaupt nicht folgen, da dem Bauherrn die artenschutzrechtlichen Auflagen seit Jahren bekannt waren und schon lange sachgerecht umsetzbar gewesen wären. Die Verzögerung ist somit selbst verschuldet und der BUND fordert, dass dies jetzt nicht auf Kosten von geschützten Tieren gehen darf. Der Nachweis der Funktionsfähigkeit der Ersatzlebensräume für Eidechsen und Vögel und somit der Baubeginn ist frühestens 2016 bzw. 2017 möglich.
Der BUND fordert die Naturschutzbehörden auf, die Baugenehmigung zurückzunehmen, bis die Umsiedelung der Zauneidechsen erfolgreich durchgeführt und die Gehölze angewachsen sind. Eine Missachtung der Auflagen darf nicht später „geheilt werden“ – dies hätte auch für alle anderen Bauvorhaben fatale Signalwirkung. Der BUND prüft, ob rechtliche Schritte, beispielsweise eine Umweltschadensanzeige, möglich sind.
Für Rückfragen steht zur Verfügung:
Frieder Stauder, BUND-Vorstand (Regionalbeauftragter Rheinhessen-Nahe): Tel. 06135 5279; E-Mail: frieder.stauder@bund-rlp.de